---23.-24.5.2018

15 km vor Narva bietet sich der kleine Campingplatz am Hotel Laagna als Relaxstation vor der Eroberung von St. Petersburg an. Als einziges Womo auf dem Platz zwischen den kleinen Ferienhäusern und vor dem Schwimmbad kann sich unser Zweitwohnsitz den Platz aussuchen. Es möchte mit seinen treuen Scheinwerferaugen auf den kleinen See schauen. Das ist gut, denn dann sehen auch wir den See abends durch die Windschutzscheibe während der Blog aktualisiert wird. Die Campingtür ist nach Süden ausgerichtet und die Besatzung knallt sich in die erst milchige doch dann sehr klare Sonne bis sie sich dann schon fast hinter dem Womo hinter einer Baumgruppe zum Horizont neigt. Der Grill zaubert in der Abendsonne ein herzhaftes Rumpsteak.
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Der Roller steht schon bereit, um uns am nächsten Morgen erst einmal als Sehleute nach Narva zu begleiten, bevor das nächste Abenteuer Russland hinter der EU-Außengrenze beginnt.
Narva selbst mutet bereits recht russisch an. Kein Wunder – 90% der Einwohner sind Russen, viele von ihnen aktuell staatenlos, da sie keinen russischen Pass mehr haben und den estnischen nur bekämen, wenn sie gute estnische Sprachkenntnisse nachwiesen. Die Gegensätze zwischen sozialistischem Charme und renovierter EU-Mitgliedschaft wären allein schon bemerkenswert, wäre da nicht die Grenze zur russischen Föderation, deren Übergang durch die Festungen Hermanni linnus (Hermannsburg auf der estnischen Seite) und Iwangorod (auf der russischen Seite) eine geschichtliche Dimension erhält – seit sie von den Dänen im 13. Jahrhundert erbaut wurden.
Impressionen aus Narva.

---22.5.2018

Gemütlich schaukelt uns das Womo in Richtung Toila, einem kleinen Badeort 40 km vor Narva und damit auch der russischen Grenze. Doch unterwegs erwartet noch die Toolse linnus, die sagenumrankte Burgruine von Toolse, unsere Aufwartung. Das kann auch nicht der Schotterweg verhindern, der 600 m von der gut ausgebauten Straße weg zum kleinen Parkplatz führt. Er wird halt in Schrittgeschwindigkeit gemeistert. Noch 300 m zu Fuß und die nördlichste Burg des livländischen Ordens (Vorreiter des Deutschen Ordens) erhebt sich auf einem kleinen Hügel vor uns, direkt an der Ostsee und das seit 1471. Nein falsch – wie wir gestern lernten, ist das hier der finnische Meerbusen und nicht die Ostsee!
Ein paar Kilometer weiter möchte sich der mit fast 34 m höchste Wasserfall des Baltikums von Valaste in unser Gedächtnis einprägen. Schade nur, dass sein Wasser kein natürlicher Fluss ist, sondern einem Entwässerungssystem entspringt und die Aussichtsplattform aus sozialistischer Zeit diese Zeit nicht funktionstüchtig überstanden hat und nun gesperrt ist.
Die Steilküste begleitet uns bis Toila, das uns neben dem mit EU-Mitteln restaurierten schönen Park eine Bleibe für die Nacht offeriert.
Impressionen auf dem Weg nach Toila.

---21.5.2018

Das treue Womo hat uns trotz der teilweise kaputten Straßen über Polen, Litauen und Lettland bis nach Estland chauffiert. Seine Widerstandskraft scheint trotz widriger Umgebungen ungebrochen – darauf vertrauen wir und setzen unsere Reise gen St. Petersburg unverdrossen fort. Der Lahemaa Nationalpark lockt mit endlosen Wäldern und Ostseeküsten. Ein kleiner Wander- und Zeltparkplatz in Oandu bietet sich als Stopp an zu einer 4 km langen Wanderung durch die Natur des Nationalparks mit einigen Natursehenswürdigkeiten. Doch die Mücken treiben uns weiter zum 3 km entfernten Parkplatz in Altja. Das gegenüber liegende Restaurant ist leider geschlossen, doch der 3,5 km lange Wanderrundweg durch den Wald und am Strand zurück entlohnt. Alte Fischerhäuser regen die Phantasie an, eine Hängebrücke will überquert werden und ein nettes Ehepaar aus Lüneburg verkürzt die Zeit mit Berichten aus dem restlichen Estland. Sie campieren mit ihrem Wohnwagen 8 km entfernt und wollten eigentlich auch das estnische Essen des Restaurants Altja Kürt genießen. Na gut – so ist Selbstkochen angesagt und ein herrlich ruhiger Abend beginnt.
Impressionen aus Altja.

---19.-20.5.2018

Unser Wohnmobil beschwert sich: erstens habe es noch keine estnische Flagge auf der Heckwand (wird umgehend erledigt) und zweitens waren die polnischen, litauischen und lettischen Straßen teilweise so strapaziös, dass einige Schraubenösen aus Plastikteilen ausgebrochen sind und nun deutliche Bewegungen zwischen der Carthago-Front und dem Iveco-Cockpit zu sehen sind, sobald man über unebene Wege fährt – z.B. den geschotterten Wegen auf dem Campingplatz Vanamȏisa Caravan Park 16 km südwestlich von Tallinn.
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Erst hier in Tallinn gibt es einen Carthagohändler mit Werkstatt, dem die Bewegungen demonstriert werden. Ganz ehrlich gibt er zu, keine Ahnung zu haben, welche Ursache das haben könnte, denn die Plastikteile könnten keine statische also kräfteaufnehmende Funktion haben und andere Defekte kann auch er weder vom Fahrersitz noch unter der Motorhaube noch unter dem Wagen nahe der Vorderachse an Verbindungsstücken zwischen Basis (Chassis) und Aufbau ausmachen. Er macht Bilder und Videos mit seinem Handy an der Nahtstelle zwischen Front und Cockpit von den deutlichen Bewegungen gegeneinander und will am kommenden Montag das Carthagowerk in Deutschland um Erklärung und Hilfe bitten. Dumm ist nur, dass am Montag Pfingstmontag ist. Er rät uns, mit der Fähre nach Helsinki überzusetzen, dort den größeren Carthagohändler um Hilfe zu bitten und auf jeden Fall die russischen Straßen nach St. Petersburg zu meiden.
Unentschlossen bzgl. der weiteren Vorgehensweise transportiert uns der Roller erst einmal vom Camping bis in die Altstadt von Tallinn. Sie will entdeckt werden. Und sie ist es wert, entdeckt zu werden. Spätestens nach dem Erklimmen des Hügels mit den Staatsgebäuden und seinen herrlichen Aussichten und Ansichten (Kirchen und Gebäude) wird es klar: Estlands Hauptstadt kürt sich selbst (für uns) zum Favoriten der baltischen Metropolen – und damit auch endgültig Estland unter den baltischen Staaten.
Nach wie vor strahlender Sonnenschein drängt uns aus den Betten und wieder auf das motorisierte Zweirad. Der Hafen und der Olympiahafen von Tallinn stehen auf dem Programm. Britas Elkrips und meine Duckbreast im „Peppersack“ am Rande der Altstadt bilden einen adäquaten Abschluss der schönen Erlebnisse in der estnischen Hauptstadt.
Impressionen aus Tallinn.

---17.-18.5.2018

Auf der Fahrt nach Haapsalu, das auf der Höhe der zweitgrößten estnischen Insel Hiiumaa liegt, gleitet das Womo förmlich durch die Landschaft. Bereits jetzt wird klar, das Estland zwar das Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte aber den besten Straßen ist. Wenige Meter Höhenunterschied und langgestreckte Kurven lassen den Tempomaten unbehelligt in einer Stellung. An die erlaubten 90 km/h halten sich fast alle. Die Esten sind umsichtige Fahrer, beharren aber auch schon einmal auf ihrem Vorfahrtsrecht.
Die (angeblich) schönste Ostseepromenade Estlands ist noch fast menschenleer, die Kioske, Cafés und Restaurants meist geschlossen und somit bietet die Bank, auf der Tschaikowski einen Teil seiner Kompositionen ersann, uns ihre Sitzfläche an. Die Ruine der alten Bischofsburg Piiskopolinnus wird noch restauriert, die Kirche aus dem 13ten Jahrhundert ist es seit Längerem und wird genutzt – wenn nicht gerade der Geist der weißen Frau herumspukt, die lebendig eingemauert worden sein soll. Das aber soll in einem August geschehen sein, sodass auch das Spuken sich auf diesen Monat beschränkt.
Ein Parkplatz weiter draußen auf einer Halbinsel in der Ostsee an einem Badestrand lädt zum freien Übernachten ein, ein kleines nettes Restaurant an der Marina zum Dinieren. Die sehr freundliche und dem Scherzen nicht abgeneigte Bedienung spricht neben Estnisch und Englisch auch recht gut Deutsch. Dass Esten auch Deutsch sprechen können, hatte kurz vorher bereits Karl unter Beweis gestellt. Der Mittsechziger hatte uns auf den Stellplatz angesprochen, gerade als wir unser Sonnenbad beenden und unsere gemütlichen Campingstühle zum Essengehen verlassen wollten. Neben seiner eigenen wusste er noch genau von den Lebensgeschichten aller seiner Nachbarn und Verwandten zu berichten, bis er zu seinem eigentlichen Anliegen kam: ihm sei sein lutherischer Katechismus gestohlen worden und ob wir nicht dafür sorgen könnten, dass ein freundlicher evangelischer Pfarrer aus Deutschland ihm Ersatz zusenden könne. Wir versprachen es und durften dann unseren Hunger stillen.
Vom Essen zurückgekehrt, zieht uns die Ostsee mit dem Sonnenuntergang in ihren Bann – also Stühle wieder raus, hinsetzen und genießen. Bis neben uns ein VW-Bus hält und ein estnisches Paar anfängt von Siegen und seinen Stadtteilen zu schwärmen. Die beiden waren ursprünglich mit deutschen Partnern liiert und lebten in Siegen. Nun wohnen sie gemeinsam in Elkenroth – welch ein Aufstieg (in Höhenmetern).
Die Esten sind offensichtlich offener und mitteilsamer als die anderen Balten.
Vielleicht, weil die Sonne hier bereits weit im Nordwesten unter und im Nordosten wieder auf geht. Die Nächte sind hier bereits kurz und im Juni sollen sie hier auch weiße Nächte haben (es wird gar nicht mehr richtig dunkel).
Impressionen aus Haapsalu.

---15.-16.5.2018

Die Grenze zu Estland ist zwar eindeutig an den vielen Grenzbauten erkennbar, kann aber einfach mit 50 km/h passiert werden. Der Badeort Pärnu verwöhnt mit dem angeblich besonders warmen Ostseewasser, einem extra Damenstrand, einer schönen Strandpromenade am breiten Ostseestrand und einer lieblichen Altstadt. Der Parkplatz am Damenstrand ist allerdings nicht mehr zur Übernachtung frei gegeben, deshalb führt uns das Tourenbuch 10 km weiter zu dem Restaurant Doberani mit ausgewiesenem Stellplatz und einer Terrasse direkt an der Ostsee.
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Doch am und im Restaurant wird noch handwerklich gearbeitet, es soll erst in 2 Wochen eröffnet werden. Daher kann der Stellplatz auf einer Wiese mit Ostseeblick kostenfrei genutzt werden. Für das leibliche Wohl sorgt dann das nahe liegende Restaurant des Golfplatzes White Beach Club mit (wohl für Golfer üblichen) gehobenen Speisen und Preisen – die dann dem siegerländer Normalniveau entsprechen.
Impressionen aus Pärnu.